Die Arbeiten von Sina Firniss bewegen sich in einem Raum, in dem nichts endgültig ist – ein Raum des Übergangs, der Offenheit, der Fragilität. Zeichnung als Spur, als Geste, als Element der Verlagerung. Ihre Werke erzählen nicht von dem, was war oder ist, sondern von dem, was sich andeutet – von dem, was geschehen könnte.
Zentrales Element ist dabei die Linie: Sie ist Geste, Spur und Denkbewegung zugleich. In ihrer einfachsten Form trägt sie bereits die Idee von Richtung, von Entscheidung, von Zeit in sich.
Ihre Zeichnungen entstehen mit wässriger Tusche und Aquarell auf Papier – einem Medium, das selbst von Durchlässigkeit, Versickern und Zeit erzählt. Die Tusche verteilt sich ungleich, zieht sich zurück, bleibt manchmal als Schatten sichtbar. Linien überlagern sich, verlieren sich, geraten aus dem Takt. Zwischenräume, in denen Fragilität zur Form wird.
Was Sina Firniss interessiert, ist das, was sich andeutet: das Unausgesprochene zwischen zwei Linien, der Raum zwischen zwei Formen, das „Noch nicht“ einer möglichen Berührung. Es geht um Nähe ohne Kontakt, um Spannung ohne Auflösung. Bewegung wird dabei nicht als Aktion verstanden, sondern als Zustand – als etwas Inneres, Leises, das sich in der Struktur selbst verbirgt.
Diese Arbeiten widerstehen der Versuchung des Spektakulären. Sie sind reduziert, zurückgenommen – und gerade darin liegt ihre Intensität. Die Reduktion ist Konzentration. Sie verlangt Aufmerksamkeit, fordert zum genauen Hinsehen auf. Eine poetische Untersuchung: von Gleichgewicht, von Übergängen, von Zeit.
Sina Firniss schafft Zeichnungen, die sich jeder Eindeutigkeit entziehen. Eine Haltung der Offenheit, des tastenden Denkens, des präzisen Loslassens. In ihren Linien liegt eine Stille, die spricht – nicht laut, aber eindringlich. Ein Bildraum, in dem die Stille eine Sprache findet.
Built with Berta.me
Sina Firniss ©